Hohohoho, Weihnachten kommt in großen Schritten näher und damit auch das heiß ersehnte Familienfest. Alle an einem Tisch mit herrlichem Essen. Alle haben sich schick gemacht, alle sind (im besten Falle) fröhlich und freuen sich auf Gänsebraten, Lachs und andere Leckereien.
Und dann schlürft Onkel Egon beim Suppeessen. Oder die lieben Kleinen vom Schwager rennen die gesamte Zeit um den Tisch und toben. Der teure Wein, den man mit so viel Liebe ausgewählt hat wird runtergekippt und das raffinierte Sufflé in Maggie ertränkt.
Aber wie macht man es richtig? Ab wann können Kinder mit Besteck essen? Und wäre ein Lob an den Gastgeber/die Gastgeberin nicht angebracht?
Nennt mich spießig, nennt mich konservativ, aber ein paar Benimmregeln haben noch nie jemandem geschadet. Ich bin immer der Ansicht, dass man die Regeln kennen muss, um sie dann (sonntags vor dem Fernseher) bewusst zu brechen. Während des Schreibens dieses Beitrags kam ich mir übrigens unglaublich Oberlehrerinnen-mäßig vor! Stellt euch also vor, ich stehe wie Frau Rottenmeier mit Dutt und strenger Brille neben euch … 😉
Und nun schauen wir doch mal, wie man sich theoretisch “ordentlich” am Esstisch benimmt:
Auf die Plätze fertig los!
Einfach hinpflanzen? Besser nicht! Man nimmt nicht unaufgefordert als Erste/r am eingedeckten Tisch platz, sondern wartet auf die Aufforderung des Gastgebers. Bei etwas weniger förmlichen Anlässen darf man sich setzen, sobald der Gastgeber Platz nimmt. Der Gastgeber oder die Gastgeberin sind übrigens Dreh- und Angelpunkt bei einem Essen. Dessen sollte er/sie sich bewusst sein, denn wie es weiter geht, hängt immer von ihnen ab:
Mit dem Essen darf erst begonnen werden, wenn der/die Gastgeber/in selbst damit begonnen hat. Jetzt setzt man sich als Gastgeber/in natürlich nicht hin und beginnt sofort mit dem Essen, sondern man versorgt als erstes seine Gäste. Ehrengäste werden natürlich als erstes bedienen und auch ältere Damen und Herren haben vor allen Vorrang. Alle fangen dann im besten Fall gleichzeitig an. Gerade bei kalten Speisen wartet man, bis alle versorgt sind. Sobald jedoch die Tischnachbarn auffordern, bereits anzufangen, damit das Essen nicht kalt wird, darf eine Ausnahme gemacht werden.
Kinder am Tisch
Lacht nicht, aber ich erwähne es trotzdem: Vor dem Essen sollten Kinder sich als Ritual immer die Hände waschen und sehr schmutzige Kleidung wechseln. Auch der Kaugummi sollte vor dem Essen aus dem Mund genommen werden.
Jetzt erst mal ein Schluck Wein!
Juhu, es gibt leckeren Wein! Und den kippt man sich nicht gleich hinter die Binde. Und auch nicht heimlich nippen – so sehr man vielleicht den Alkohol für das Überstehen der Party auch benötigen mag ;-). Generell gilt: Man wartet auf die Aufforderung zum ersten Schluck bzw. Heben des Glases durch den Gastgeber. Tja, so isses. Und wenn einem ein noch so guter Trinkspruch auf der Zunge liegen sollte – auch hier sollte man als Gast nicht von sich aus das Glas heben und einen Toast bringen.
Auch wenn es noch so cool ist: Gläser nie am Korpus anfassen, sondern am Stil! Und das hat folgenden sinnvollen Hintergrund – so wird der Wein nicht von der Körper- bzw. Fingertemperatur erwärmt. Außederdem gibt es beim Anstoßen so einen angenehmeren Klang.
Beim Essen: Erst schluckt man den Mund leer, bevor man zu trinken beginnt. Werden zu den verschiedenen Gängen unterschiedliche Weine angeboten, so dürfen diese dann nicht mehr durcheinander getrunken werden.
Der Klassiker: Wohin mit der Serviette?
Die Serviette ist tatsächlich nur für die Verwendung am Mund gedacht! Sie ist kein kein Taschentuch, kein Brillenputztuch und auch kein Putzlappen. Und die Schweißperlen, die einem beim Familienessen auf die Stirn treten könnten, wischt man auch nicht damit ab. Man benutzt sie, um die Lippen abzutupfen, bevor man zu einem Glas greift, damit man dort keine Fettabdrücke hinterlässt.
Sobald man Platz genommen hat, legt man sie sich auf den Schoß. Bitte nicht in den Kragen stecken oder um den Hals binden. Es soll ja nicht jeder sofort denken (auch wenn es vielleicht so ist ;-)), man sei nicht in der Lage, das Essen ohne Malheur vom Teller in den Mund zu befördern.
Nach dem Essens wird die Serviette (auch nicht die Papierserviette!) nicht zerknüllt auf den Teller geworfen, sondern lose links neben dem Teller abgelegt.
Besteck – Nie den Eindruck erwecken, dass man kurz vorm Hungertod steht
Schaut mal: In diesem Beitrag habe ich über das korrekte Eindecken des Tisches geschrieben und dort findet ihr auch die korrekte Reihenfolge, wie Besteck gelegt wird. Beim Umgang mit dem Besteck gibt es ein paar Stilfragen, die mir meine Eltern schon mühevoll einpflanzen mussten. Manchmal denke ich mir im Restaurant, dass sich mein Vater im Grabe drehen würde, sähe er die vielen Gabeln, die als Waffen oder mittelalterliche Forken genutzt werden ;-). Aber wie ist es korrekt?
Das Besteck wird am unteren Ende des Griffes angefasst. Nicht umkrallen oder zu weit unten anfassen, um damit das Essen hinein zu schaufeln. Grundsätzlich sollte man vermeiden, Geräusche mit dem metallischen Besteck auf dem Porzellan zu erzeugen. Aaaaaaaaaaaaaargh, ich bekomm schon Gänsehaut!
Macht man eine Pause, dann wird das Besteck auf dem Teller gekreuzt – der Gabelrücken zeigt nach oben, was signalisiert, dass man mit dem Essen noch nicht fertig ist. Ist man fertig, dann legt man es parallel, wobei der Gabelrücken nun nach unten liegt. Benutztes Besteck bleibt immer schön auf dem Teller und sollte nicht auf das Tischtuch gelegt werden.
Bei der Frage, was man mit den Händen essen darf, scheiden sich die Geister: Die einen bestehen auf Hühnchenschlegel mit der Hand, die anderen finden es barbarisch. Ganz offiziell: Mit den Händen werden sehr wenige Speisen gegessen, Hühnerbeine gehören offiziell nicht dazu. Es gibt aber einen Trick, um herauszufinden, ob es angemessen ist: Stehen auf dem Tisch Fingerschalen mit warmen Wasser und einem Stück Zitrone, dann wird mit großer Wahrscheinlichkeit ein Fingergericht angeboten. Bei den Fleischspeisen werden Spareribs mit den Fingern gegessen. Artischocken und Meerestiere, die nicht überbacken sind, wie Krabben, Austern, Muscheln, Hummer und Garnelen werden in der Regel auch mit den Fingern gegessen.
Übrigens: Vermeidet bitte, Kartoffeln und die Sauce zu einer homogenen Masse zu verarbeiten! Kartoffeln werden mit der Gabel in mundgerechte kleine Stücke zerkleinert, mit denen man die Sauce aufnimmt. Fleisch wird nur im angelsächsischen Raum auf Vorrat geschnitten. Salat sollte nicht geschnitten und nur mit der Gabel gegessen werden – in schwierigen Fällen (ähm, bei mir ist Salat immer ein größere Herausforderung) kann man dafür ein Stück Brot zu Hilfe nehmen.
Ab wann sollen Kinder eigentlich Kinder mit Messer und Gebel essen?
Mit vier Jahren sollten sie lernen, mit Messer und Gabel gleichzeitig umzugehen. Nicht zu festes Speisen kann es dann selber schneiden, Festeres schneidet ihr am besten noch vor.
Kleinere und größere Herausforderungen
Der eine ist glutenunverträglich, die andere würzt gerne nach – aber wie geht man damit um, ohne den Gatgeber/in vor den Kopf zu stoßen?
Wer allergisch gegen einige Lebensmittel ist oder eine Unverträglichkeit hat, der sollte um großes Aufheben am Tisch zu vermeiden, sich vorab beim Gastgeber erkundigen, was es zu Essen geben wird und auch diesen informieren, worauf er achten soll. Speisen, die man nicht verträgt, müssen nicht gegessen werden und dürfen auf dem Teller liegen bleiben. Wer es gerne salziger oder würziger mag, sollte zuerst vom Essen probiert haben, bevor der Salzstreuer geschwungen wird. Generell ist es aber höflicher, das Essen so zu genießen, wie es vom Gastgeber serviert wurde.
Spaghetti oder auch Bandnudeln werden mit der Gabel aufgewickelt und falls man Probleme mit dieser italienischen Variante hat, dann darf auch den Löffel zu Hilfe genommen werden. Bei Fisch kommen die Gräten auf einen dafür vorgesehenen Teller oder an den Rand des Tellers. Gräten, die dennoch im Mund gelandet sind, sollten möglichst mit der Gabel wieder zurück auf den Teller balanciert werden. Ist das bei kleinen Gräten zu schwierig, da nimmt man diskret Daumen und Zeigefinger. Olivenkerne werden dezent in der Hand auf ein Abfalltellerchen gelegt (z.B. beim Aperitif). Sind Oliven Bestandteil vom Hauptgericht, werden die Kerne über die Gabel auf den Tellerrand befördert.
Ein Brötchen wird weder aufgeschnitten noch mit dem Messer mit Butter beschmiert. Brot und Brötchen werden in kleine Stückchen gebrochen, mit einer kleinen Butterflocke bestrichen werden.
Anbieten und Servieren
Bitte nie über die Teller eines anderen greifen, um sich selbst zu bedienen. Immer die Bitte äußern, dass man euch das Gewünschte reicht. Für alle, die es ganz genau wissen möchten: Beim Servieren der einzelnen Gänge und Getränke besteht die Regel, dass alle Speisen – mit Ausnahme von Suppen – von der linken Seite angeboten bzw. genommen werden. Also: Wer links von sich eine Schüssel stehen hat, darf daraus nehmen. Weine und sonstige Getränke werden von der rechten Seite angeboten und eingeschenkt. Normalerweise übernimmt der Hausherr diese Aufgabe, indem er sich erhebt und die Damen zuerst bedient.
Vor dem Dessert wird der Tisch von Brot, Schüsseln, unbenutztem Besteck etc. leer geräumt, um für das abschließende Finale einen schönen Anblick zu erzielen.
Gab es Tee zum Nachtisch? Dann werden die Teebeutel übrigens – sollte kein Tellerchen dabei sein – im Notfall auf dem Löffel abgelegt. Auf keinen Fall sollte dieser jedoch auf die Untertasse platziert werden. Das wusste ich auch noch nicht …
Hui, mein innerer Spießer ist jetzt für den Rest des Jahres erst einmal zufrieden! Ich muss ja immer ein bisschen schmunzeln, wenn ich solche Posts für euch schreibe. Ich stelle mir dann immer vor, wie ihr mich und meine Familie total perfekt am Tisch in einer superordentlichen Wohnung seht. Glaubt mir, so isses nicht :-).
Wie haltet ihr denn solche Benimmregeln? Sehr ihr es eher locker oder besteht ihr auf bestimmte Umgangsformen?
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Comment (1)
Cousine Karin
Ja ja, das wenigstens haben die Müllers (und Schleichers) uns wohl perfekt beigebracht..... :)